Unter erbrechtlichen Aspekten die Scheidung zurückstellen,
auch das ist eine Überlegung wert


Beabsichtigt keiner der scheidungswilligen Ehegatten die zeitnahe Wiederverheiratung, kann es im beiderseitigen oder einseitigen Interesse sinnvoll sein, die Scheidung zeitlichen hintanzustellen, warum ?

Nun, mit dem Tod des unterhaltspflichtigen geschiedenen Ehegatten entfällt grundsätzlich dessen Unterhaltspflicht.

Beim länger lebenden geschiedenen Ehegatten kann dann eine Versorgungslücke bis zum Zeitpunkt der eigenen Rentenberechtigung entstehen.

Dann schliesslich entfällt mit der Scheidung das sonst gegebene Recht zum Bezug der Witwenrente.

Natürlich gibt es auch den umgekehrten Fall, dass der scheidungswillige Ehegatte möglichst schnell ein potentielles Erbecht seines in Scheidung lebenden Ehegatten ausschliessen möchte. Dann muss er seine Scheidung möglichst schnell gerichtlich abhängig und rechtshängig machen.

Aber zurück zu unserem Fall, dass sich zwei scheidungswillige Ehepartner gegenseitig gleichwohl Versorgungssicherheit verschaffen wollen. Dann wäre eine frühzeitige Scheidung ebenso kontraproduktiv, wie eine Heirat bei den vielen Lebensgemeinschaften fortgeschrittenen Alters in der Nachkriegszeit, welche deshalb nicht heirateten, um nicht die eigene Witwenrente einzubüssen.

Ist nun die Scheidung schon durchgeführt, dann geht allerdings die Unterhaltspflicht des geschiedenen Ehegatten mit seinem Tod nicht zwangsläufig völlig unter, sondern geht grundsätzlich als Nachlassverbindlichkeit auf die Erben über. Dies sicherlich in aller Regel nicht zur Freude der Erben, die dann aus ihrer mehr oder weniger umfangreichen Erbschaft noch regelmässige Unterhaltszahlungsverpflichtungen zu bedienen haben.

Als Erbe von Unterhaltsverpflichtungen dieser Art ist man aber auch seinerseits dieser Situation nicht ganz wehrlos ausgeliefert.

Diese Unterhaltspflicht ist eine Nachlassverbindlichkeit, der man als Erbe gegenüber die üblichen Haftungsbeschränkungen geltend machen kann.

Hinzu kommt, dass eine derartige Unterhaltsverpflichtung des Eben auf den Pflichtteil der Höhe nach beschränkt ist, welcher dem unterhaltsberechtigten Ehegatten ohne Ehescheidung zugestanden hätte. Demnach muss der Erbe nicht befürchten, das gesamte Erbe für Unterhaltszahlungen an die geschiedene Ehefrau aufwenden zu müssen.

Im Einzelfall besonders psychisch belastend mag es allerdings sein, wenn die neue Lebensgefährtin als testamentarische Erbin erhebliche Teile ihres Erbes an die „frühere“ Ehefrau als Unterhalt verausgeben muss.

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